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Der ultimative Ausdruck

Der aktuelle 812 Superfast entstammt einer edlen Linie von faszinierenden Ferraris mit V12-Frontmotor, die alle voller Superlative steckten
Text: Jason Barlow

Inmitten der großen Persönlichkeiten, Tragödien und Triumphe sollte man nicht vergessen, dass Ferrari in seinen Anfangsjahren als relativ kleines Automobilunternehmen eine erstaunliche Vielfalt an Modellen herstellte. Während sich der Ruf der Marke mit immer besseren Leistungen auf der Rennstrecke immer weiter steigerte, verlief die Entwicklung bei den Straßenfahrzeugen ebenso dramatisch.

Das spiegelte auch die Stimmung der Zeit wider. Die Industriellen und Finanziers der Welt verzeichneten nach den jahrzehntelangen Unruhen des Zweiten Weltkriegs und seiner Folgen endlich wieder Erfolge, und eine neue Generation von Unterhaltungsstars stärkte ihre Reihen. Enzo Ferrari war nicht nur Ingenieur, sondern auch ein kluger Vermarkter und umwarb diese neue Elite mit meisterhaftem Elan. Zusammen mit seinem Designpartner Pininfarina entwarf er eine Reihe von Autos von unvergleichlicher Ästhetik.

Der Ferrari 812 Superfast folgt der guten Linie der Autos der Superfast-Serie

Doch innerhalb der Ferrari-Produktpalette kristallisierte sich bald eine Spitzengruppe heraus. Für viele sind heute Ferraris Gran Turismos mit V12-Frontmotor, allen voran der 812 Superfast, der ultimative Ausdruck der Kunst des Unternehmens. Die Wurzeln dieses Wagens liegen in den 1950er Jahren in den Modellen America, Superamerica und den ursprünglichen Superfast. 

Eines der faszinierendsten Fahrzeuge, die jemals das berühmte Cavallino Rampante getragen haben, ist sicherlich der 410 Superfast, der 1956 auf dem Pariser Autosalon vorgestellt wurde. Wer sich mit Automobildesign beschäftigt, weiß, dass die großen amerikanischen Automobildesigner, Männer wie Harley Earl und Virgil Exner, von den Ereignissen in Italien stark beeinflusst waren und das Land regelmäßig besuchten.

Interessanterweise spiegelt Pininfarinas Ferrari 410 Superfast die amerikanische Faszination für Heckflossen und Chrom wider und experimentiert auch mit frühen aerodynamischen Ideen. Er beeindruckt mit zahlreichen Design-Highlights: Das Dach ist freitragend und die obere Struktur verzichtet auf die traditionellen A-Säulen, was für eine ganz besondere Fensterfront sorgt. Die hinteren Seitenverkleidungen sind mit doppelten Luftschlitzen auf beiden Seiten versehen. Außerdem war er mit einer markanten Ausbuchtung auf der Motorhaube, eingerahmten Scheinwerfern und verchromten Stoßstangenüberziehern gestaltet. Aber es sind die hinteren Radabdeckungen und die Heckflossen, die diesen besonderen Ferrari am meisten auszeichnen. Obwohl er auf einem Superamerica basierte, war sein Radstand 200 mm kürzer, und er war mit einem 60° 5,0-Liter-Rennsport-V12-Motor aus einem Ferrari 410 S-Rennwagen ausgestattet. So erreichte er die seinem Namen würdigen Geschwindigkeiten.


Das Ferrari 410 Superamerica Coupé „Superfast“ von 1956 – hier in Modellform – experimentierte mit frühen aerodynamischen Konzepten und verfügte über amerikanisch beeinflusste Heckflossen und Chromdetails

Das Design des 410 Superfast beeinflusste drei weitere beeindruckende One-offs für Kunden, bevor Pininfarinas Aerodynamik-Experimente noch ausgeprägter wurden. Der Superfast II wurde 1960 auf dem Turiner Autosalon vorgestellt: Seine Silhouette war noch tropfenförmiger, und zu den aerodynamischen Merkmalen gehörten die in Wagenfarbe gehaltenen versenkbaren Scheinwerfer und die hinteren Radabdeckungen. Anschließend baute Pininfarina das gleiche Chassis zum Superfast III um, der 1962 auf dem Genfer Autosalon vorgestellt wurde. Die weiße Karosserie war nun grün, mit helleren Säulen und einem versenkbaren Kühlergrill für einen gleichmäßigeren Luftstrom. Das letzte Modell der Reihe war der Superfast IV, ein Wagen, der die glamourösen Ferraris der 1950er Jahre mit den wilden Versprechungen des kommenden Jahrzehnts verband und bei dem die Grenze zwischen Konzeptfahrzeug und echtem Auto verschwimmt.

Der Einfluss auf den 500 Superfast aus der Mitte der 60er Jahre ist unübersehbar. Er mag zwar die Aerodinamica-Ideen seiner Vorgänger weiterentwickelt haben, doch war dies kein Auto für Menschen, die gern Neues ausprobieren, sondern vielmehr ein Fahrzeug für die extremsten Ferrari-Fans. Mit diesem Wagen hatte Enzo Ferrari erkannt, dass es selbst unter seiner wohlhabenden Kundschaft noch Platz für etwas wirklich Großartiges und Handgemachtes gab. 


Der atemberaubende Ferrari 400 Superamerica „Superfast IV“ (Titelbild und oben) verwischte wirklich die Grenze zwischen Konzeptauto und der Realität

Der 500 Superfast wurde 1964 auf dem Genfer Autosalon vorgestellt. Sein 5,0 Liter-V12-Motor mit 400 PS basierte auf der Arbeit der beiden großen Ferrari-Motorenbauer Gioachino Colombo und Aurelio Lampredi. Ferrari behauptete, der Wagen hätte eine Höchstgeschwindigkeit von 280 km/h, was ihn zum schnellsten GT der Welt gemacht hätte. In einer 28-monatigen Produktionszeit wurden nur 37 Exemplare hergestellt, die jeweils nach den genauen Vorgaben des Besitzers gebaut wurden und mit Innovationen wie Servolenkung, Klimaanlage und beheizbarer Heckscheibe – sowie einem Heckscheibenwischer – ausgestattet waren. 

Der 500 Superfast von 1964 war das schnellste GT-Auto seiner Zeit. Es wurden nur 37 Stück gebaut, jedes einzelne nach den genauen Vorgaben seines Besitzers

Das aerodynamisch effiziente tropfenförmige Profil wurde beibehalten, jedoch wurde die Kofferraumlinie passend zum breiten ovalen Kühlergrill an der Vorderseite angehoben. Die Windschutzscheibe war dekorativ geschwungen, die Luftschlitze in den vorderen Kotflügeln setzten grafische Akzente, und die Seitenwände der Karosserie hatten einen Flugzeugrumpfeffekt.