Ferrari logo

Rennen

Ferrari Down Under

Der Große Preis von Australien hat eine ungewöhnliche Geschichte, und Ferrari blickt hier auf eine lange und erfolgreiche Bilanz zurück
Text: Gavin Green

Ferrari hat den Großen Preis von Australien öfter gewonnen als jedes andere Team. Michael Schumacher erzielte zu Beginn des 21. Jahrhunderts einen Siege-Hattrick, und die Ferrari-Piloten Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel – sowie Vorjahressieger Charles Leclerc – standen allesamt auf der obersten Stufe des Podiums und verspritzten ihren (enttäuschenderweise französischen, nicht australischen) Sieger-Schampus.

Der Große Preis von Australien wurde relativ spät in den Kalender der Formel-1-Weltmeisterschaft aufgenommen: 1985 fand in Adelaide das erste WM-Rennen statt. Doch Ferrari feierte seinen ersten Triumph beim Aussie GP bereits 1957, und Australien war – obwohl es geografisch wohl nicht weiter von Italien entfernt sein könnte – die Heimat eines der ersten außereuropäischen Ferrari-Importeure.


Ferrari-Fahrer Lex Davison überquert beim GP von Australien 1957 mit seinem 625 F1 die Zielflagge und sichert der Scuderia den ersten Sieg in Down Under

Zwei Rennfahrer führten Ferrari unabhängig voneinander in Down Under ein. Die größere Bedeutung kam Bill Lowe zu, der 1952 den ersten Ferrari nach Australien importierte. Lowe war erfolgreicher Amateurfahrer, der 1929 beim Großen Preis von Australien Dritter geworden war. Als begeisterter Motorsportler war er von den eleganten Ferrari-Sportwagen fasziniert, die sich in den frühen 50er Jahren auf europäischen Rennstrecken schön langsam einen Namen machten. Er wollte einen kaufen. Enzo Ferrari zögerte: Australien hatte schließlich keinen Ferrari-Vertreter. 

Lowe, Inhaber einer erfolgreichen Elektrofirma, schlug vor, dass er Importeur werden könnte. Man fand eine Einigung, und 1952 wurde der erste Ferrari nach Australien geliefert: ein 212 Inter Berlinetta. Lowe nutzte ihn für Bergrennen, bevor er ihn zum Verkauf anbot. WH Lowe and Co blieb bis 1974 offizieller australischer Importeur.

Die andere große Figur in Ferraris australischer Geschichte war der englische Formel-1-Rennfahrer Peter Whitehead. Der Mann aus Yorkshire gewann 1938 den Großen Preis von Australien und fuhr einen ERA auf dem legendären Mount Panorama Circuit in Bathurst, wo heutzutage eines der berühmtesten Tourenwagenrennen der Welt stattfindet. Er war auch der Erste, an den Enzo Ferrari 1949 ein Formel-1-Auto verkaufte – einen 125er. In britischem Renngrün lackiert, gewann er in jenem Jahr den Großen Preis von Tschechien und wurde Dritter beim Großen Preis von Frankreich.


Hier in seinem Dino 246 während des GP von Australien 1968 in Melbourne zu sehen, führte Chris Amon das Ferrari-Team ein Jahr später zu mehreren Siegen in der Tasman-Serie und der Meisterschaft

1954 fuhr er als erster F1-Ferrari Rennen in Australien und Neuseeland: Unter anderem gewann er die neuseeländische Lady Wigram Trophy. Im Jahr darauf überzeugte Whitehead Enzo Ferrari, sich und den Australier Tony Gaze – wie Whitehead ein ehemaliger Kampfpilot aus dem 2. Weltkrieg – mit 625 F1-Wagen für eine Reihe von Rennen in Australien und Neuseeland zu versorgen.  

Whitehead fuhr bis 1957 regelmäßig in Down Under Rennen mit Ferraris und stand beim Großen Preis von Australien und Neuseeland auf dem Podium. (Er kam im September 1958 im Alter von 43 Jahren bei einem Sportwagenrennen in Frankreich ums Leben.)

Zahlreichen lokalen Rennfahrern demonstrierte Whitehead Ferraris beachtliche Renntauglichkeit aus erster Hand. Einige der besten australischen Fahrer importierten anschließend Rennwagen des Cavallino Rampante. 

Ferrari-Fahrer Gerhard Berger feiert den Sieg beim Großen Preis von Australien 1987 in Adelaide mit Ayrton Senna als Zweitplatzierter. Michele Alboreto wurde Dritter für Ferrari

Lokalmatador Lex Davison, nach dem die Siegertrophäe des Großen Preises von Australien der F1 benannt ist, gewann 1957 die Die Australian Drivers' Championship im ehemaligen 625 F1 von Tony Gaze. Im selben Jahr schenkte er Ferrari seinen ersten Sieg beim Großen Preis von Australien und wiederholte diese Leistung 1958.

Zwanzig Jahre bevor der Große Preis von Australien Weltmeisterschaftsstatus erreichte, bekamen Australien und Neuseeland eine eigene F1-Serie. Die Tasman-Serie, benannt nach dem Meer, das die beiden Länder trennt, wurde in Australien und Neuseeland in der europäischen Saisonpause ausgetragen: Hochsommer auf der Südhalbkugel.

In den 60er Jahren war sie bei europäischen F1-Teams und Fahrern beliebt, die den nördlichen Wintern entfliehen wollten. Die Autos waren typischerweise die F1-Wagen des Vorjahres, jedoch mit einer Hubraumgrenze von 2,5 Litern. 


Die Stadt Melbourne bietet eine atemberaubende Kulisse für den Großen Preis von Australien 2017, wenn Ferrari-Fahrer Sebastian Vettel die Pole anstrebt

Ferrari trat erstmals 1968 in der Tasman-Serie an. F1-Teamchef Chris Amon, ein Kiwi, gewann seinen Heim-Grand Prix und wurde Zweiter in der Meisterschaft vor dem zweifachen Weltmeister Jim Clark. 1969 legte Amon noch einen drauf. Er gewann überzeugend die Serie und vier der sieben Rennen – darunter den Großen Preis von Australien und Neuseeland. 

In den 70er Jahren verlor die Tasman-Serie ihre Faszination für F1-Teams, und der Große Preis von Australien wurde wieder zu einem Rennen hauptsächlich für lokale Fahrer, die für lokale Teams fuhren. Die Formel-1-Wagen wurden durch 5,0-Liter-V8-Formel-5000-Wagen ersetzt.

1985 fand dann der erste Große Preis von Australien im Rahmen der Formel-1-Weltmeisterschaft statt, Ferrari gewann 1987 mit Gerhard Berger. Ferrari hat auch drei der letzten vier Aussie-GPs gewonnen, ein Rekord, den Charles Leclerc und Carlos Sainz am 2. April in Melbourne aufstocken möchten.