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Ein aerodynamisches Unikat

In vierjähriger Zusammenarbeit mit dem One-Off-Programm ist der SP48 Unica entstanden: das krönende Erlebnis für einen Kunden, der in seinem Leben bereits sechzig Ferraris sein eigen nennen konnte
Text: Richard Bremner - Fotos: Alex Howe
Film: Oliver McIntyre

Nicht jede One-Off-Kreation aus Maranello wird auch der Allgemeinheit präsentiert. Manchmal tauchen One-Off-Modelle überhaupt nicht in der Öffentlichkeit auf und führen stattdessen ein verborgenes Leben in privaten Sammlungen.


Obwohl der Besitzer des SP48 Unica verständlicherweise anonym bleiben möchte, ist er sehr daran interessiert, die Geschichte seines Autos mit der ganzen Welt zu teilen. „Ich will nicht, dass die Leute das Auto nicht zu sehen bekommen – das wäre falsch“, sagt er. „Ich möchte meine Leidenschaft für die Marke teilen. Vielleicht wird sie ein Kind inspirieren – oder einen Multimillionär.“


Das einzigartige Dach des SP48 Unica fließt geschickt bis zur Motorabdeckung und macht die Heckscheibe überflüssig

Das Auto, das er den Leuten präsentieren will, basiert auf dem F8 Tributo mit V8-Mittelmotor. „Ich wollte ein Auto mit Mittelmotor. Es ist für die Rennstrecke gedacht“, erklärt der Besitzer, der in der Regel rund 100 Trackday-Veranstaltungen pro Jahr besucht. „Zu Beginn des Projekts war noch der 488 aktuell“, fährt er fort, „aber zwei Wochen nach unserem ersten Treffen hat man mir von einem neuen Modell erzählt, das bald erscheinen sollte – dem F8 Tributo.“


Von Anfang an wurde darauf geachtet, alle aerodynamischen Elemente funktional und nicht nur optisch ansprechend zu gestalten. Dann war da noch die subjektive Abneigung des Kunden gegen die Form der Lufteinlässe, die das Heck des Ferrari 488 stark prägen. Jedoch gibt er offen zu: „Ich bin kein Designer, ich bin nicht einmal gut in Kunst.“


Für den Motorraum wurden einzigartige 3D-Kühlgitter geschaffen, während jedes sechseckige Loch abgewinkelt ist, um die Kühlleistung zu maximieren

Allerdings hat und hatte der Ferrari-Kunde bereits über 60 Ferraris in seinem Besitz und „kennt die in den letzten zwei Jahrzehnten produzierten Modelle sehr gut, insbesondere die Wagen mit Mittelmotor seit dem 360.“


So konnte er schon beim ersten Treffen mit einer gewissen Kompetenz über dieses Thema sprechen und darüber, was er von seinem eigenen Wagen erwartete. „Ich habe zwar Hinweise gegeben, was ich gut fand und was nicht, aber bei der allerersten Besprechung habe ich dem Team ausdrücklich gesagt: ‚Sie sind die Experten. Sie arbeiten für das beste Designteam und für das großartigste Automobilunternehmen der Welt. Ich bin sicher, dass Sie alle in Ihrer Schreibtischschublade eine Skizze von dem Auto haben, das Sie bauen würden, wenn Sie könnten. Diese Skizzen will ich sehen! Ich will Ihre Kreativität, nicht meine.’“


Dieser Appell führte schließlich zu der Präsentation einer Reihe von Skizzen, die von ‚A‘ bis ‚K‘ beschriftet waren, und bei der der Kunde neben Ferraris Design Director Flavio Manzoni saß. Erst bei Design ‚H‘ fand er, wonach er suchte. Ab diesem Zeitpunkt drehte sich der Prozess um die Planung und Weiterentwicklung hin zum endgültigen Ziel. Dies fand größtenteils während der Corona-Pandemie statt, weshalb persönliche Feedback-Sitzungen über iPads abgehalten wurden.

 

Matte Kohlefaser verleiht dem Cockpit ein technisches Gefühl, ergänzt durch Akzente von Grigio Canna di Fucile

Lemercier erklärt: „Der Prozess ist dem von Serienfahrzeugen sehr ähnlich. Er ist sehr linear. Die Ideenentwicklung beginnt in 2D. Das Designteam arbeitet anhand des Briefings an der visuellen Gestaltung und anschließend in 3D. Der nächste Schritt ist ein physisches Modell in Originalgröße, welches lackiert und detailliert ist.“ Es handelt sich dabei um ein Referenzmodell, das eher der Validierung als der Festlegung von Formen im Designprozess dient. „Aber es ist auch eine Chance, dem Kunden zu zeigen, was er da kauft“, fügt er schmunzelnd hinzu.


Es war nicht nur das Auto, das dem Kunden so gut gefiel, sondern das ganze Erlebnis. „Es war eine der besten Erfahrungen meines Lebens. Ich bin so glücklich, dass ich die Gelegenheit dazu hatte. Ich kenne jetzt so viele Leute im Werk. Als ich nach der Corona-Pandemie zurückkam, gab es viele strahlende Gesichter und Umarmungen. Es war, als wäre der Frühling gekommen.


„Natürlich macht es aus finanzieller Sicht keinen Sinn“, sagt er. „Der wahre Wert liegt in dem, was ich erlebt habe. All die Menschen, die daran beteiligt waren... die letzten vier Jahre waren eine Erfahrung, die ich nie vergessen werde. Ich konnte ihnen gar nicht genug danken.“ Aus diesem Grund war es sein ausdrücklicher Wunsch, den SP48 Unica der gesamten Ferrari-Belegschaft zu zeigen. „Sonst sehen die Mitarbeiter ihn nur in einer Zeitschrift. Und das wäre nicht richtig.“