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Ferrari 296 GTB Fragen & Antworten: Michael Leiters

Der Chief Technology Officer von Ferrari beantwortet unsere Fragen zum revolutionären Weitwinkel-V6 und verrät seinen Spitznamen für den neuen Motor
Text – Ben Pulman

"Erzählen Sie uns etwas über den neuen V6-Motor des 296 GTB. Das ist schon eine ziemliche Abkehr von der Vergangenheit, oder? "

Michael Leiters: Nicht so sehr, wie man meinen könnte – die allerersten Ferraris mit Mittelmotor waren mit V6-Motoren ausgestattet. Zunächst gab es 1960, als wir uns auf neue Regeländerungen in der Formel 1 vorbereiteten, einen experimentellen Einsitzer. Und 1961 erhielten unser erster Sportwagen mit Mittelmotor und unser neues F1-Modell ebenfalls V6-Motoren. Der Sportwagen, der 246 SP, gewann unter anderem die Targa Florio sowohl 1961 als auch 1962. Und 1961 sicherte sich Ferrari mit dem 156 F1, der von einem einzigartigen 120°-V6 angetrieben wurde, auch seinen ersten Konstrukteurstitel in der Formel-1-Weltmeisterschaft.


Auch baute Ferrari vor 40 Jahren erstmals Turbolader zwischen den Zylinderbänken eines Motors ein, und zwar beim 126 CK und später, 1982, auch beim 126 C2, der als erstes Auto mit Turbolader die Formel-1-Konstrukteurs-Weltmeisterschaft gewann. 1983 folgte mit dem 126 C3 dann ein zweiter Titel. Und schließlich wird die V6-Turbo-Hybrid-Architektur seit 2014 bei allen Formel-1-Einsitzern eingesetzt. 

Selbst wenn der V6 bei niedrigen Drehzahlen läuft, klingen die Obertöne im Innenraum wie ein echter V12

TOFM: Aber das ist der erste Sechszylindermotor, der in einem Straßenauto eingebaut ist, auf dem das Emblem des Cavallino Rampante prangt?

ML: Genau! Und es ist eine echte Revolution für Ferrari, denn mit dem 296 GTB wird ein neuer Motortyp eingeführt, der unsere mehrfach ausgezeichneten Acht- und Zwölfzylinder-Antriebe flankiert. Dieser neue V6 wurde speziell für diese Installation von Grund auf neu entworfen und konstruiert und ist der erste Ferrari, bei dem die Turbolader innerhalb des V installiert sind. 

Der weite Winkel von 120° zwischen den Zylinderbänken bringt nicht nur erhebliche Vorteile in Bezug auf das Packaging, die Absenkung des Schwerpunkts und die Reduzierung der Motormasse, sondern trägt auch zu einer extrem hohen Leistung bei. Das hat dazu geführt, dass der neue V6 mit 221 PS pro Liter einen neuen spezifischen Leistungsrekord für ein Serienauto aufgestellt hat – das ist Weltrekord, und zwar ohne Turboloch!

Außerdem ist der neue 663-PS-V6 mit einem Elektromotor gekoppelt, der weitere 122 kW (167 PS) einbringt. Die kombinierte Höchstleistung liegt bei 830 PS, sodass sich der 296 GTB im Segment der heckgetriebenen Sportwagen an der Spitze positioniert.

Der 296 GTB ist der erste Ferrari, dessen Turbolader im V des V6-Motors installiert sind

TOFM: Wie haben Sie den Elektromotor und die Batterie im 296 GTB kombiniert?

ML: Der Elektromotor wird von einer Batterie mit dem besten spezifischen Leistungsgewicht in der Automobilindustrie angetrieben, was uns eine elektrische Reichweite von 25 km ermöglicht. Es ist das erste PHEV (Plug-in Hybrid Electric Vehicle) von Ferrari mit reinem Hinterradantrieb.

Der Übergang zwischen Elektro- und Hybridmodus ist grundlegend für die Sportwageneigenschaften des 296 GTB. Aus diesem Grund wurde dem traditionellen Manettino ein Power-Management-Wahlschalter (eManettino) zur Seite gestellt. Der eManettino hat vier Positionen: eDrive, Hybrid, Performance und Qualify. 

Dieser V6 bekam während der Entwicklungsphase den Spitznamen ‚piccolo V12‘ (kleiner V12) verpasst

TOFM: Wir haben gehört, Sie haben einen Spitznamen für den neuen Motor...

ML: (Lacht). Das stimmt! Dieser V6 bekam während der Entwicklungsphase den Spitznamen „piccolo V12“ (kleiner V12) verpasst. Er ist der erste Motor der F163-Familie und schreibt beim Sound die Regeln neu, indem er zwei Eigenschaften, die normalerweise diametral entgegengesetzt sind, harmonisch miteinander kombiniert: Die Leistung der Turbolader und die Harmonie der Hochfrequenztöne eines V12-Saugmotors. 

Schon bei niedrigen Drehzahlen liefert der Soundtrack im Innenraum die reinen V12-Obertöne, die dann bei höheren Drehzahlen die typischen hochfrequenten Höhen garantieren. Diese Eigenschaften sind es, die den Oberwellen eine absolute Reinheit verleihen, die durch einen Begrenzer mit beeindruckenden 8500 U/min weiter unterstützt wird. 

Der Sound ist enorm wichtig, und zusammen mit der wahrgenommenen Beschleunigung und dem Go-Kart-Feeling sind das die drei Möglichkeiten, wie wir dafür sorgen können, dass der 296 GTB den „Fun to Drive“-Faktor bekommt. Dieses Gefühl stand bei der Entwicklung unserer neuen Berlinetta im absoluten Mittelpunkt.