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Rennen

Ferraris heroischer Sieg in Le Mans 1965

In diesem Jahr strebt ein neuer Sportrennwagen des Cavallino Rampante den Sieg in Le Mans an. Wir blicken zurück auf den letzten Gesamtsieg des Unternehmens aus Maranello beim wichtigsten Sportwagenrennen der Welt
Text: Gavin Green

Wenn der neue Ferrari 499P beim diesjährigen 24-Stunden-Rennen von Le Mans antritt, ist klar, wie das Ziel heißt. Der Sieg würde Ferrari den 10. Triumph in Le Mans bescheren. Ein Sieg in diesem Jahr wäre besonders bewegend. Das berühmteste Sportwagenrennens der Welt, das Ferrari Anfang der 1960er Jahre dominierte, feiert seinen 100. Geburtstag.

Ein Sieg wäre eine große Herausforderung für ein brandneues Auto, den ersten reinen Le Mans-Teilnehmer von Ferrari seit 50 Jahren. Dennoch wird der Hybrid 499P versuchen, an den Ruhm anzuknüpfen, den Ferrari zuletzt 1965 erlangte. 


Erleben Sie noch einmal die Höhepunkte des heldenhaften Ferrari-Sieges bei den 24 Stunden von Le Mans 1965, der für die Scuderia sechs Siege in Folge bedeutete

Es war der sechste Ferrari-Sieg in Le Mans in Folge, der siebte in acht Jahren und einer der berühmtesten Siege des Unternehmens aus Maranello. Er kam zudem völlig unerwartet, angesichts der Konkurrenz durch die neuen, als Favorit gehandelten Ford GT40 mit großem Budget. 

Die berühmte Rivalität sollte Thema des Hollywood-Films Le Mans 66 – Gegen jede Chance mit Matt Damon und Christian Bale in den Hauptrollen werden, der im Jahr 1966 spielt. Das war faktisch der dritte Akt ihrer Rivalität in Le Mans.

Im ersten Akt, 1964, wurde Ford vernichtend geschlagen. Hier geht es um den zweiten Akt im Jahr 1965. Ford kehrte gestärkt und voller Tatendrang zurück. Ihr Ziel war klar, aber nicht einfach: Dauerbrenner Ferrari zu schlagen. 


Das Rennen war der erste Auftritt des neuesten Autos aus Maranello, des 330 P2 mit V12-Vierlitermotor, der hier bei Tests zu sehen ist

In die Bemühungen von Ford flossen enorme Summen: 11 Autos traten an, darunter der neue 7,0-Liter-GT40 mit Monstermotor. Zu den Fahrern gehörten der Amerikaner Phil Hill (ehemaliger Ferrari-Weltmeister) und der Kiwi Chris Amon (der zwei Jahre später das F1-Team von Ferrari leiten sollte). Es gab vier GT40 mit 4,7 Litern Hubraum – die als zuverlässiger, wenn auch weniger leistungsstark als die neue 7,0-Liter-Version galten – und fünf Ford Cobras mit 4,7 Litern Hubraum.

11 Ferraris traten gegen die mächtigen Fords an, um sich nicht unterkriegen zu lassen. Darunter waren die neuesten 330 P2, die vom Werk in Maranello eingesetzt wurden (zu den Fahrern gehörte der amtierende Ferrari-F1-Weltmeister John Surtees), sowie ältere P1 und 250 LM, die von verschiedenen Ferrari-Privatfahrern eingesetzt wurden. 

Ein bemerkenswertes Fahrerduo war der erfahrene amerikanische F1- und Sportwagen-Rennfahrer Masten Gregory und der aufstrebende österreichische F1-Star (und zukünftige Weltmeister) Jochen Rindt. 

Ebenfalls im Rennen war der amtierende Ferrari-F1-Weltmeister John Surtees mit einem der brandneuen 330 P2 Spider

Sie wurden vom werksunterstützten North American Racing Team eingesetzt, das von Ferraris US-Importeur Luigi Chinetti geleitet wurde, dem ersten Mann, der einen Ferrari zum Sieg in Le Mans (1949) gelenkt hatte. Ihr 250 LM war jedoch sicherlich zu langsam, um gegen die hubraumstarken Ford V8 und den neueren und moderneren 4,0-Liter-V12-Ferrari P2 zu gewinnen. Wie erwartet, qualifizierten sie sich auf Platz 11, 12 Sekunden hinter dem schnellsten Ford.

Phil Hill startete mit seinem 7,0-Liter-Ford aus der Pole Position, vor dem Ferrari P2 von Surtees, dahinter der zweite großmotorige GT40. Wie wohl vorauszusehen war, setzte sich der leistungsstarke Ford an die Spitze, gefolgt vom zweiten 7,0-Liter-Ford. Ihr Tempo war phänomenal. Aber auch ihr Kraftstoffverbrauch. Nach etwas mehr als einer Stunde kamen beide zum Tanken an die Box. 


Das Siegerauto mit der Nummer 21, der 250 LM, gefahren vom Amerikaner Masten Gregory und dem deutschen Fahrer Jochen Rindt, auf dem Weg zum Sieg

Ferrari übernahm die Führung. In der dritten Stunde belegten die Ferraris die ersten fünf Plätze. In der siebten Stunde waren alle GT40 wegen einer Mischung aus Motor- und Getriebeproblemen ausgeschieden. Alle 11 Ferraris waren noch im Rennen.

Als Le Mans 1923 ins Leben gerufen wurde, wünschten sich die Gründer ein Rennen, bei dem nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch der Kraftstoffverbrauch (je durstiger ein Auto ist, desto öfter muss es anhalten) und die Zuverlässigkeit getestet werden sollten. Und so sollte es auch 1965 sein. 

Doch gerade als es so aussah, als würde die Scuderia Ferrari auf den Sieg zusteuern, gerieten die P2s in Schwierigkeiten. Ferrari nutzt den Rennsport seit jeher zur Erprobung neuer Komponenten und testete 1965 neue Bremsscheiben mit radialen Lüftungsschlitzen (die sich im Rennsport bald durchsetzen sollten). Sie begannen rissig zu werden. Die älteren, langsameren Ferraris schoben sich schnell nach vorne. 


Vorher und nachher: ein ruhiger Moment der Vorfreude für den Italiener Giampiero Biscaldi, der im Rennen einen Ferrari 275 P2 fuhr, und die Explosion der Freude bei den Gesamtsiegern Gregory und Rindt

Vierundzwanzig Stunden nach Rennbeginn fiel die Zielflagge, als der NART-Ferrari 250 LM von Gregory und Rindt seine 348. Runde absolvierte – fünf Runden vor einem weiteren 250 LM, der von einem französischen Privatfahrer eingesetzt wurde. Der belgische 275 GTB wurde Dritter: Es war ein Ferrari 1-2-3-Sieg. Und das von drei als Außenseiter gehandelten Ferraris. 

Das Rennen von 1965 hat gezeigt, wie wichtig Zuverlässigkeit ist. Es hat auch bewiesen, dass Le Mans immer wieder für Überraschungen gut ist. Und es sollte der letzte Le-Mans-Gesamtsieg von Ferrari für mindestens 58 Jahre sein.