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Ein kleines Stück Geschichte, das sich wiederholt

Ein hochmoderner V6 mit 120° treibt – zusammen mit einem Plug-in-Hybridsystem – den neuen Ferrari 296 GTB mit 830 PS an, doch es ist nicht das erste Mal, dass das Cavallino Rampante einen so innovativen Weitwinkel-Sechszylindermotor baut ...
Text – Ben Pulman

Mit dem Ferrari 296 GTB wird bei den Straßenfahrzeugen des Cavallino Rampante ein neuer Motortyp eingeführt: ein V6 mit 120°.

Gekoppelt mit einem Elektromotor entfesselt das Plug-in-Hybridsystem (PHEV) eine enorme kombinierte Leistung von 830 PS, verkürzt die Pedalreaktionszeiten auf Null und bietet eine Reichweite von 25 km im rein elektrischen eDrive-Modus.
Doch auch für sich genommen sind die Nutzen eines so innovativen Motorlayouts vielfältig. Der Weitwinkel-V6 wurde von Grund auf neu entwickelt und bringt erhebliche Vorteile in Bezug auf das Packaging, die Absenkung des Schwerpunkts und die Reduzierung der Motormasse. Diese besondere Architektur trägt auch zu einer extrem hohen Leistung bei, und der neue Ferrari V6 stellt mit 221 PS pro Liter einen neuen Rekord in Bezug auf die spezifische Leistung eines Serienfahrzeugs auf.

Der neue V6-Motor ist der erste Ferrari-Straßenfahrzeugmotor, bei dem die Turbos im Inneren des ‚V‘ installiert sind. Während dies bei einem Triebwerk mit engerem Winkel möglich ist, bedeutet die 120°-Architektur, dass die Turbos zentral installiert werden konnten. Dadurch wird die Gesamtgröße des Motors erheblich reduziert und die Effizienz der Ansaug- und Abgasleitungen maximiert.

Es ist zwar der erste Sechszylindermotor, der in einem Straßenfahrzeug des Cavallino Rampante eingebaut wurde, doch es ist nicht der erste Ferrari, der auf einen Weitwinkel-V6 mit einer 120°-Anordnung zwischen den Zylindern vertraut ...

Der Motor des Ferrari 296 GTB ist ein neuer V6 mit 120° und 663 PS, der mit einem Elektromotor gekoppelt ist, der weitere 122 kW (167 PS) liefern kann.

Eine Regeländerung der Formel 1 für 1961 hatte den Hubraum der Motoren von 2,5 auf 1,5 Liter reduziert, und diese neue Vorschrift veranlasste Ferrari, seinen ersten V6 mit 120° zu entwickeln. Der bestehende 2,4-Liter-V6 wurde verkleinert – doch gleichzeitig keimte in Maranello eine Idee auf, nämlich die eines Weitwinkel-V6. Mit einem 120°-Winkel zwischen den Zylinderbänken wurde der Schwerpunkt abgesenkt, Platz für das Ansaugsystem geschaffen und mit den ebenfalls reduzierten inneren Verlusten wurden Ansprechverhalten und Beschleunigung des Motors verbessert.

Das Unterfangen war umso beeindruckender, als die Scuderia für die Saison 1961 auch ihren Formel-1-Rennwagen – und ihren neuen Sportwagen – von Front- auf Mittelmotor-Layout umstellte. Doch diese umfassende Änderung in Maranello bedeutete auch, dass der neue Motor in die Entwicklung des Chassis des F1-Autos integriert und so die Dynamik des revolutionären Einsitzers optimiert wurde.

Richie Ginther im Auto mit der Nummer 36 hält einen konkurrierenden Porsche auf dem Weg zum 2. Platz beim GP von Monaco 1961 auf Distanz. Es war das Debütrennen für den ersten V6 mit 120° von Ferrari.

Der neue 156 mit Mittelmotor siegte bei seinem Debüt im April 1961 beim nicht zur Automobil-Meisterschaft zählenden Gran Premio di Siracusa – allerdings wurde er hier vom hubraumreduzierten Schmalwinkel-V6 angetrieben. Der innovative neue Weitwinkelmotor sollte beim Start der Formel-1-Meisterschaft am 14. Mai in Monaco zum ersten Mal eingesetzt werden.

Testfahrer Richie Ginther fuhr das Auto und war im Freitagstraining der Schnellste. Seine Teamkollegen Phil Hill und Wolfgang von Trips (beide mit dem älteren Motor) belegten die Plätze 4 und 5. Stirling Moss holte schließlich die Pole Position, aber Ginther startete aus der ersten Reihe, führte in der ersten Kurve und hielt den Briten bis zur 14. Runde in Schach.

Moss siegte nach 100 Runden, gestand aber später, dass er noch nie ein so hartes Rennen gefahren sei wie in Monaco – Ginther kam mit nur 3,6 Sekunden Rückstand ins Ziel und die beiden teilten sich die schnellste Runde. Hill und von Trips landeten auf den Plätzen 3 und 4, wobei ersterer im Rennen bemerkte, wie gut die Straßenlage von Ginthers Auto war.

Beim Großen Preis der Niederlande eine Woche später traten alle drei Ferrari-Teamkollegen mit dem neuen 120°-Motor an, und von da an dominierte das Team aus Maranello die Meisterschaft. Bei jedem Rennen, an dem die Scuderia teilnahm, holte ein Ferrari die Pole Position, und abgesehen von den scharlachroten Autos konnte nur Moss noch einmal gewinnen, bevor Hill beim Großen Preis von Italien die Meisterschaft holte.

Patrick Tambay fuhr in der Formel-1-Saison 1983 den ersten Sieg des Jahres für die Scuderia ein, auf dem Weg zur erneuten Konstrukteursmeisterschaft des Teams.

Der 156 war nicht der einzige Ferrari in der Renngeschichte der Scuderia mit Weitwinkel-V6. In den frühen 1980er Jahren war der 120°-Winkel erneut die erste Wahl. Turbolader setzten sich in der Formel 1 durch, und auf der Suche nach dem ultimativen Vorteil baute die Scuderia zwei Typen von Motoren mit Aufladung, die beide auf einem 1,5-Liter-V6 mit 120° basierten.

Dieser Motor erinnerte an das allgemeine Layout, aber nicht an das spezifische Design des früheren V6-Motors, und nach Experimenten mit der Aufladung entschied sich Ferrari für ein Design, bei dem zwei Turbos zwischen den Zylinderbänken des Motors platziert wurden – eine weitere Premiere für das Cavallino Rampante und ein Layout wie beim 296 GTB.

Das Ferrari-Team holte 1981 zwei Siege, darunter den ersten Sieg eines Turboautos in Monaco. Angeblich ungeeignet für den engen und kurvigen Straßenkurs, war er in den Händen von Giles Villeneuve unübertroffen. Drei Wochen später stand Villeneuve beim Großen Preis von Spanien erneut auf dem Podest.

Es war eine positive Debütsaison für das neue Auto, und die Scuderia sollte in den kommenden Saisons von Erfolg zu Erfolg eilen: Mit Turboaufladung gewann der 126 C2 1982 die Konstrukteursmeisterschaft, 1983 folgte mit dem 126 C3 ein zweiter Titel.

Heute wird dieser besondere Stammbaum mit dem Ferrari 296 GTB endlich auf die Straße übertragen.