Das muss ein perfektes Auto sein!

27 März 2019

Chris Rees

Vor 50 Jahren befindet sich Ferraris 212 E im Goldrausch und gewinnt jedes einzelne Rennen der European Hill Climb Championship, an dem er teilnimmt


Perfektion ist normalerweise der Märchenwelt der Mythen und Legenden vorbehalten. In der realen Welt 100 Prozent Erfolg zu haben ist – in jedem Lebensbereich – beinahe unmöglich, ganz zu schweigen von der extrem wettkampforientierten Welt des Motorsports. Und doch hat Ferrari genau das vor 50 Jahren geschafft. Wir sprechen von einer Zeit, in der Ferrari sehr aktiv in zahlreichen Sparten des Motorsports war: Formel 1 und Formel 2; Can-Am; Tasman-Serie; und Sportwagen-Weltmeisterschaft.

1969 betrat der Automobilhersteller noch eine weitere Sparte des Wettkampfsports, indem er ein Auto zur Teilnahme an der European Hill Climb Championship baute. Ferrari hatte bereits Erfahrung auf diesem schwierigen Gebiet, in dem Fahrer darum kämpfen, auf herausfordernden Bergstrecken die schnellsten Zeiten zu erzielen. Ein Dino 166 P hatte den Titel 1962 gewonnen, während 1965 ein 206 SP siegreich aus dem Rennen hervorgegangen war, beide Male mit Ludovico Scarfiotti am Steuer.

Für 1969 entwickelte Ferrari ein neues Auto speziell für Bergrennen: den 212 E. Um die schnellstmöglichen Zeiten auf Europas engen Bergstrecken zu erzielen, brauchte es ein vor allem im niedrigen Drehzahlbereich starkes, aber auch sehr leichtes Auto. Ferrari baute einen einzigartigen 12-Zylinder-„Boxer“-Motor mit einem Hubraum von 2,0 Litern, entwickelt aus dem Triebwerk seines Formel-1-Rennautos 512.

Dank einer Stärke von 290 PS bei 11.500 U/min und einem Getriebe mit fünf Gängen erzielte das Auto natürlich eine beeindruckende Leistung. Es erreichte Spitzengeschwindigkeiten von 250 km/h. Das leichte Gewicht war dem Rohrrahmen-Fahrgestell zu verdanken, auf das eine Karosserie aus dünnem Kunststoff gebaut wurde. Laut den zu Rennbeginn angegebenen Daten wog das Auto auf der Startlinie nur 500 kg. Wie das Gewicht verteilt war, war ein weiterer entscheidender Faktor: Zum Beispiel positionierte Ferrari die Hinterradbremsen innenseitig, in einiger Entfernung zu den Rädern.

Gesteuert vom Schweizer Piloten Peter Schetty gewann der Ferrari 212 E seine ersten beiden Rennen ohne Meisterschaftsstatus. Danach dominierte Schetty auch die eigentliche European Hill Climb Championship - und das auf die denkbar drastischste Weise. Das Auto gewann jede einzelne Runde der Meisterschaft von 1969, in die es geschickt wurde: Montseny, Rossfeld, Mont Ventoux, Trento-Bondone, Cesana-Sestriere, Freiburg und Ollon-Villars.

Doch nicht nur das: Das Auto erzielte bei jeder Runde neue Streckenrekorde (mit Ausnahme von einer, da die Rennbahn nass war). Das ist ein unglaublicher Rekord, egal welche Maßstäbe man anlegt. Kein Wunder, dass der 212 E mühelos die European Hill Climb Championship von 1969 gewann. Schettys Erfolg wurde belohnt: 1970 fragte man ihn, ob er den Ferrari 512 S bei der Sportwagen-Weltmeisterschaft fahren wollte; danach wurde er Rennleiter der Scuderia Ferrari.