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Stammbäume: Ferraris mit V8-Mittelmotor – Teil 2

Text: Ben Barry

Im ersten Teil unserer Geschichte über den V8-Mittelmotor haben wir die Entwicklung vom 308 GTB aus dem Jahr 1975 bis zum F355 Berlinetta, der rund 20 Jahre später auf den Markt kam, nachgezeichnet. Nun geht es mit dem 360 Modena weiter – ein drastischer Wendepunkt, der Ferraris V8-Formel für das 21. Jahrhundert neu definiert und den Weg für die nachfolgenden Modelle F430, 458 Italia, 488 GTB und F8 Tributo geebnet hat ...

Sehen Sie, wie der Ferrari V8-Mittelmotor für das 21. Jahrhundert neu erfunden wurde

1999: Ferrari 360 Modena

Der auf den F355 Berlinetta folgende 360 Modena präsentierte ein völlig neues Design und war der erste Ferrari, der vollständig aus Aluminium gefertigt wurde – einschließlich Voll-Monocoque (nicht ein Semi-Monocoque wie beim F355) und Karosserieteile. Die Steifigkeit verbesserte sich um 40 % und das Gewicht sank um 28 %, obwohl der 360 um insgesamt 10 % größer ist.

Anders als das Fahrgestell war der 3,6-Liter-V8-Motor dem des F355 noch sehr ähnlich, die Leistung erreichte jedoch 400 PS – genug, um in 4,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h zu beschleunigen und Höchstgeschwindigkeiten von über 295 km/h zu erreichen.

Geräumiger, leichter, steifer und schneller – der Vollaluminium-360 Modena war ein Quantensprung

2004: Ferrari F430

Obwohl der F430 technisch gesehen eine Weiterentwicklung des 360 war, hatte sich so viel verändert, dass er kaum wiederzuerkennen war. Das unverwechselbare Design erhielt einen knackigeren, muskulöseren Charakter, wobei die vorderen Lufteinlässe an die „Haifischnase“ des 156 F1 von einst und die doppelten Heckleuchten an das Supercar Enzo erinnerten. Auch der Innenraum wurde neu gestaltet, um mehr Platz und seitlichen Halt zu bieten.

Die wohl größte Änderung betraf den Motor – ein völlig neues Aggregat mit 4,3 Litern Hubraum und 490 PS. Auf die Straße gebracht wurde er mit Hilfe eines technisch weiterentwickelten Fahrgestells, das erstmals über ein elektronisches Differential verfügte.

Sein Verhalten – ebenso wie die Gasannahme, die Gangwechsel und die Federung – ließ sich über den Manettino am Lenkrad steuern – eine weitere Neuerung. 

Der F430 präsentierte einen brandneuen 4,3-Liter-V8 und das Manettino-Lenkrad zur Einstellung der Fahrmodi

2009: Ferrari 458 Italia

Mit einem neuen modularen Fahrgestell, das neben dem bereits bekannten Aluminium auch neue Legierungen aufwies, und einer wunderschönen Aluminiumkarosserie, die klare Linien mit fließenden Kurven kombinierte, machte der 458 Italia im Vergleich zu seinem Vorgänger einen gewaltigen Sprung.

Der V8-Saugmotor wuchs auf 4,5 Liter und leistete nun 570 PS, während ein Doppelkupplungsgetriebe das bisherige automatische Schaltgetriebe ersetzte und zum neuen Standard wurde.

Die erste Sache, welche die Fahrer kommentierten, war stets die Lenkung. Mit einer um etwa 30 % höheren Übersetzung als beim F430 leitete sie eine neue Ära der Wendigkeit und Verspieltheit bei den V8-Mittelmotor-Ferraris ein und ermöglichte ein Ansprechverhalten, das die Autos der Marke bis heute prägt.

Der letzte V8-Saugmotor, der 458 Italia, verfügte über ein F1-DCT-Getriebe und eine superschnelle Lenkung

2015: Ferrari 488 GTB

Zwei große Einlässe direkt vor den Hinterrädern und breitere Flanken waren deutliche Hinweise darauf, dass der 488 GTB nochmals weitaus fortschrittlicher war, als sein bereits revolutionäres Design vermuten ließ. Beide Elemente waren notwendig, um die beiden Turbolader unterzubringen und ihre Kühlkreisläufe zu kühlen.

Obwohl der Hubraum auf 3,9 Liter reduziert wurde, stieg die Leistung auf 670 PS – und das Turbodrehmoment von 761 Nm sorgte für einen deutlich kraftvolleren mittleren Drehzahlbereich.

Doppelturbolader steigerten die Leistung des 488 GTB auf 670 PS – 100 PS mehr als der 458 Italia

2019: Ferrari F8 Tributo

Maranello brach mit der Tradition und beschloss, sein V8-Modell ein drittes Mal weiterzuentwickeln. Das Ergebnis: der F8 Tributo. Vereinfacht ausgedrückt vereinte das neue Modell den 720-PS-Motor des 488 Pista mit dem Fahrgestell des 488 GTB. In Wirklichkeit steckte aber einiges mehr dahinter, darunter ein aktualisiertes Design, ein S-Duct an der Front und eine Lamellen-Heckscheibe, die an einen anderen V8 mit Doppelturbolader erinnerte – den legendären F40.

 

Der F8 Tributo setzte diese Linie auf den Höhepunkt, bevor der 296 GTB den Turbo-Hybrid-V6 debütierte

Dieses Auto läutete das Ende der V8-Stammlinie ein, wenn nicht sogar das Ende der Mittelmotor-Sportwagen von Ferrari. Heute führt der 296 GTB den Geist dieser Ära fort, jetzt mit einem Turbo-Hybrid-V6-Motor, der die Leistung auf 830 PS steigern konnte – mehr als dreimal so viel wie beim 308 GTB, der 1975 – vor 50 Jahren – den Markt eroberte.