Ein „funkelnagelneuer“ 328 GTS
Richard Aucock
Dieser makellose klassische Ferrari wurde noch nie gefahren und noch nicht einmal angemeldet. Wir erzählen seine Geschichte
Man kann ihn einfach nicht anders beschreiben: Dieser 30 Jahre alte Ferrari ist glänzend in Form. Sein Lack hat diesen herrlichen Schimmer, ja, er funkelt geradezu. Ihn zum ersten Mal in seiner ganzen Pracht vor sich zu sehen ist beinahe so, als erhasche man einen Blick auf eine höhere Ebene der Realität: Es ist das 328 GTS Spider-Profil, wie wir es kennen und lieben, aber dieses Modell hebt es auf eine gänzlich neue Stufe der Perfektion.
Weshalb ist dieser Ferrari so makellos? Weil er in den 30 Jahren, seit er gebaut wurde, nie angemeldet wurde, nie eine Autobahn gesehen hat, nie den Elementen ausgesetzt war. Er hat ein beschütztes und wohlbehütetes Leben abseits der Welt geführt. Erst jetzt, drei Jahrzehnte nachdem er in Maranello vom Band ging, präsentiert er sich der Öffentlichkeit in all seiner makellosen, vollkommenen Schönheit.
Um die Geschichte dieses einzigartigen Ferraris zu erzählen, müssen wir zurückgehen in die späten 1980er-Jahre, als die Nachfrage für Supercars wie Ferraris durch die Decke ging. Der erste Besitzer erwarb den 328 GTS von SA.MO.CAR S.p.a in Rom – und verkaufte ihn fast sofort wieder für den doppelten Preis. Nachdem er eine solch atemberaubende Summe für seinen neuen Ferrari ausgegeben hatte, traute sich der zweite Besitzer nun nicht, ihn tatsächlich zu fahren. Anstatt ihn für öffentlichen Straßen zuzulassen, entschied sich der neue Besitzer dazu, ihn professionell lagern zu lassen, und erhielt so dieses prachtvolle Auto wie neu im Lieferzustand.
Nahezu 25 Jahre später erhielt ein Ferrari-Händler in Rom den Auftrag, den 328 GTS auf Herz und Nieren zu prüfen, bevor er an seinen dritten Besitzer verkauft wurde und einen Platz in dessen bedeutender privater Sammlung einnahm. Jetzt steht der jungfräuliche Ferrari wieder zum Verkauf, ein Auto aus einer anderen Zeit – inklusive Lieferetiketten auf dem Vorderrad auf der Fahrerseite, Plastikschutzabdeckungen auf den Innenschwellern, Original Goodyear-Reifen sowie einem unbenutzten Werkzeugkasten, Ersatzbirnen, einer Taschenlampe und einer Verdeckplane in einer Tasche mit dem Cavallino Rampante-Logo.
Welch ein Anblick. Dieser 328 GTS überwältigt alle Sinne: vom kühlen Metallgriff der Tür, die sich mit einem leisen, aber bestimmten Klicken öffnet, bis hin zum herrlichen Duft des unberührten Leders im Inneren. Die Sitze, auf denen noch nie jemand gesessen hat, sind absolut makellos. Das Lederlenkrad hat noch immer seine matte Optik, wie neu. Die üppigen, hochflorigen Fußmatten sind weich und anschmiegsam. Jeder einzelne Schalter, Knopf und Regler ist so perfekt wie damals, als der 328 GTS vor mehr als drei Jahrzehnten das Ferrari-Werk verlassen hat. Der Kilometerstand? Beträgt nur 456 Kilometer. Dieser Ferrari ist eine Zeitmaschine.
Der 328 GTS war einst ein sehr beliebtes Auto, das heute von seinen begeisterten Besitzern noch immer heiß geliebt und viel gefahren wird. Niemand dürfte sich der Faszination entziehen können, die der Anblick dieses Fahrzeugs auslöst – eines seltenen 328 GTS, für den die Zeit drei Jahrzehnte lang stillstand. Was nun mit ihm geschieht, hängt von seinem nächsten Besitzer ab. Er ist eine solche Schönheit, dass wir uns fragen, ob er nicht inzwischen die Existenz als bloßes Fahrzeug hinter sich gelassen hat und zu einem echten Kunstwerk geworden ist, das einen Platz in einem Museum als neue Heimat verdient hätte. Die Zeit wird zeigen, was die Zukunft in den kommenden 30 Jahren für diesen Ferrari bringen wird.