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Stammbäume: Autos auf Siegeskurs in Le Mans

Der 499P strebt in diesem Jahr in Le Mans seinen dritten Sieg in Folge an – und setzt damit eine Tradition fort, die 1960 mit seinen Vorgängern im Langstreckenrennsport begann.
Text: Ben Barry

Zwischen 1960 und 1965 war Ferrari das Team, das es im Langstreckenrennsport zu schlagen galt. Mit einer Reihe von auf dem Ferrari 250 und dem Testa Rossa basierenden Sportrennwagen erzielte der Rennstall in Le Mans sechs Siege in Folge. Eine Leistung, die bis heute unübertroffen ist.

In diesem Jahr geht Ferrari als Favorit in das prestigeträchtigste Langstreckenrennen der Welt und hofft, mit dem modernen Nachfahren dieser berühmten Modelle – dem 499P – den dritten Le-Mans-Sieg in Folge zu erringen.

In diesem Artikel erfahren Sie mehr zu den außergewöhnlichen Autos, den Fahrern und den Geschichten, welche die 1960er Jahre und die goldene Ära von Ferrari mit dem Erfolg von heute verbinden.


Erleben Sie die unglaubliche Geschichte der aufeinanderfolgenden Le-Mans-Sieger von Ferrari

1960: Ferrari 250 TR 59/60

Ferrari hatte Le Mans schon dreimal gewonnen (1949, 1954 und 1958), doch der Sieg des 250 TR 59/60 1960 läutete eine sechsjährige Erfolgsserie ein.

Der 250 TR59/60 wurde – wie die Testa Rossa-Modelle vor ihm – auf einer verlängerten Version des Gitterrohrrahmen des 500 TRC gebaut und ist – wie der Name schon sagt – eine Weiterentwicklung des Modells von 1959. Auch diesmal kam erneut der bewährte Colombo 3,0-Liter-V12-Motor zum Einsatz, nun allerdings in Kombination mit einem neuen Fünfganggetriebe. Scheibenbremsen ersetzten die Trommelbremsen des Vorjahrs.

Mit 300 PS (220 kW), einem Trockengewicht von nur 800 kg und der geschwungenen Karosserie von Scaglietti konnte der 250 TR 59/60 Geschwindigkeiten von 270 km/h erreichen. Die Werksfahrer Olivier Gendebien und Paul Frère holten mit einem Doppelsieg vor dem 250 TR59 des amerikanischen NART-Teams den Gesamtsieg in Le Mans. Dieser Sieg sicherte auch den Titelgewinn in der Sportwagen-Weltmeisterschaft, ein Beleg für Ferraris wachsende Dominanz im Langstreckenrennsport.


Der Le-Mans-Sieg des 250 TR 59/60 im Jahr 1960 markierte den Beginn von Ferraris unübertroffener sechsjähriger Siegesserie

1961: Ferrari 250 TRI/61

Phil Hill und Olivier Gendebien gelang 1961 mit dem TRI/61 ein klarer Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans und Ferrari konnte sich über einen Dreifachsieg freuen. Der Rennwagen unterschied sich in seinem Design stärker vom Vorjahresmodell, als der Name vielleicht vermuten lässt. Die Karosserie von Fantuzzi löste mit seinem scharfkantigen, aerodynamischen Profil die geschwungenen Linien früherer Testa Rossas ab und präsentierte eine markante „Sharknose“, die an Ferraris 156 F1 erinnerte, der im selben Jahr sein Debüt feierte. Unter der Karosserie wurden erneut der bewährte 3,0-Liter-V12 und der Stahlrohr-Gitterrohrrahmen früherer Modelle verbaut, doch die neue Einzelradaufhängung an der Hinterachse verbesserte das Handling – daher der Zusatz „I“.

Der 250 TR/61 führte eine verbesserte Aerodynamik und eine Einzelradaufhängung hinten ein und führte in Le Mans 1961 einen Ferrari-Dreifachsieg an

1962: Ferrari 330 TRI/LM

Der 330 TRI/LM markierte die letzte und stärkste Weiterentwicklung von Ferraris Testa-Rossa-Linie mit Frontmotor. Bei diesem One-off-Modell wurde der Radstand um 70 mm auf 2420 mm verlängert und der neue 4,0-Liter-V12-Motor vom Typ 330 lieferte 390 PS (290 kW) – dank einer Regeländerung, die eine Vergrößerung des Hubraums zuließ.

Bei den 24 Stunden von Le Mans 1962 bescherten Phil Hill und Olivier Gendebien am Steuer des 330 TRI/LM dem Unternehmen aus Maranello den dritten Sieg in Folge: Es war der letzte Gesamtsieg für ein Fahrzeug mit Frontmotor in Le Mans. Die Plätze hinter ihm belegten zwei 250 GTOs – ein eindrucksvoller Dreifachsieg für Ferrari.

Der einmalige 330 TRI/LM war der letzte Ferrari mit Frontmotor, der Le Mans gewann. Angetrieben wurde er von einem neuen 4,0-Liter-V12

1963: Ferrari 250 P

In Anlehnung an seine Formel-1-Rennwagen mit Mittelmotor präsentierte Ferrari mit dem 250 P  seinen ersten Sportprototyp, bei dem der Motor hinter dem Fahrer platziert wurde, was die Gewichtsverteilung und die Balance verbesserte. Der Wagen hatte eine elegante Karosserie von Pininfarina, besaß ein Trockengewicht von nur 760 kg und wurde von Ferraris bewährtem 3,0-Liter-V12-Motor mit 310 PS angetrieben, der eine Höchstgeschwindigkeit von 290 km/h erreichte.

In Le Mans dominierten Lorenzo Bandini und Ludovico Scarfiotti am Steuer des 250 P das Rennen und fuhren mit 16 Runden Vorsprung vor dem Zweitplatzierten ins Ziel. Sechs der zwölf Platzierungen im Gesamtklassement wurden von Ferrari belegt, darunter ein dritter Platz für einen weiteren 250 P. Es war der einzige Einsatz des Autos in Le Mans. Dieser Triumph läutete die Ära der Mittelmotoren in Le Mans ein und führte Ferrari erneut zum Gewinn des Weltmeistertitels bei den Sport-Prototypen.

Der 250 P, der erste Le-Mans-Sieger mit Mittelmotor, gewann mit einem souveränen Vorsprung von 16 Runden

1964: Ferrari 275 P

Der Ferrari 275 P war die Weiterentwicklung des 250 P und hatte, wie der Name schon sagt, einen größeren Hubraum. Dies wurde durch eine Vergrößerung der Zylinderbohrung um 4 mm auf 77 mm erreicht (der Hub blieb unverändert bei 58,8 mm), was zu einem hochdrehenden 3,3-Liter-V12-Motor mit zusätzlichen 10 PS führte.

Beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1964 fuhren Jean Guichet und Nino Vaccarella den 275 P über eine Rekorddistanz zum Sieg. Auf ihn folgten zwei 330 P-Modelle, was einen Dreifachsieg für Ferrari bedeutete.

Ferrari sicherte sich 1964 einen Dreifachsieg, wobei der 275 P über eine Rekorddistanz gewann

1965: Ferrari 250 LM

Der Ferrari 250 LM sollte in der GT-Kategorie für Wagen mit Straßenzulassung antreten, doch aufgrund fehlender Homologation musste das straßenzugelassene Modell in der Prototypenklasse gegen schnellere, speziell gebaute Konkurrenzfahrzeuge antreten.

Der von einem 3,3-Liter-V12-Motor angetriebene 250 LM erreichte eine Geschwindigkeit von 287 km/h und übernahm im Wesentlichen die Mechanik des 250 P und 275 P – allerdings in einer geschlossenen Berlinetta-Karosserie von Scaglietti.

Das Debüt im Jahr 1964 verlief enttäuschend, doch 1965 holte ein privater Wagen des NART-Teams von Luigi Chinetti, gefahren von Jochen Rindt und Masten Gregory, den Gesamtsieg in Le Mans. Ein weiterer 250 LM wurde Zweiter und Ferrari gelang ein Dreifachsieg. Es war der letzte Sieg des Cavallino Ramapante in Le Mans – bis zu seiner triumphalen Rückkehr auf den Circuit de la Sarthe im Jahr 2023.


Der 250 LM besiegte Prototypen und gewann 1965 Le Mans – Ferraris letzter Gesamtsieg für fast 60 Jahre

2023 und 2024: Ferrari 499P

Als Ferrari 2023 nach einer 50-jährigen Pause nach Le Mans zurückkehrte, erwarteten logischerweise viele ein sogenanntes Lehrjahr. Doch der 499P gewann bei seinem Debüt auf dem Circuit de la Sarthe – und zeigte mit einem erneuten Sieg 2024, dass dies kein bloßer Zufall war.

Der 499P wurde nach dem Le Mans Hypercar-Reglement gebaut, das mehr Freiheit bietet als das LMDh-Reglement (das ein spezielles Chassis und eine Hybridarchitektur erfordert). Er verfügt über ein maßgefertigtes Carbonfaser-Monocoque, einen kompakten 3,0-Liter-Twin-Turbo-V6 zum Antrieb der Hinterräder und einen Elektromotor an der Vorderachse für den Allradantrieb.


Der 499P verhalf Ferrari mit zwei Siegen in Folge in den Jahren 2023 und 2024 zum Le-Mans-Ruhm

2023 gewann das von Alessandro Pier Guidi, James Calado und Antonio Giovinazzi gefahrene Auto mit der Nummer 51 das Rennen zum 100-jährigen Jubiläum der Veranstaltung. Im vergangenen Jahr gewann das Schwesterauto mit der Startnummer 50 und Antonio Fuoco, Miguel Molina und Nicklas Nielsen am Steuer mit einem Vorsprung von nur 14 Sekunden nach einem Renntag.

Nach dieser Siegesserie geht der 499P als Favorit in das Rennen von 2025 – und weckt Erinnerungen an Ferraris goldene Ära in Le Mans vor 60 Jahren.