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Vom Erlkönig zum Cavallino Rampante

Text: Chris Rees/ Fotos: Massimo Siragusa

Einer der absoluten Stars der Supercars-Ausstellung, die bis zum 16. Februar 2026 im Enzo Ferrari-Museum in Modena zu sehen ist, ist das neueste Modell der Ferrari Limited Series: der spektakuläre neue F80. Der F80 ist ein Höhepunkt der Dynamik und wird der Öffentlichkeit dementsprechend mit einer dynamischen Erzählung präsentiert – eine Erzählung, wie wir sie noch nie erlebt haben. Zum ersten Mal wird der Entwicklungsprozess, der zum endgültigen Modell führt, gezeigt.

Der brandneue F80 wird in den verschiedenen Phasen seiner physischen Entwicklung präsentiert – das Museum beschreibt dies als „eine Art rollende Ausstellung innerhalb der Ausstellung“. Es ist eine außergewöhnliche und aufregende Gelegenheit, einen Blick auf die normalerweise geheime Arbeit hinter der Entstehung eines neuen Ferrari zu werfen. Die Besucher können Ferrari-Prototypen bestaunen – die Entwicklungsfahrzeuge, mit denen neue Technologien wie Motoren, Aufhängungen, Aerodynamik und Elektrifizierungssysteme getestet werden. Die Ausstellung umfasst die verschiedenen Phasen vom Erlkönig über den Vorserienprototyp bis hin zum finalen Modell.

In den ersten Monaten können die Besucher am Stand „Becoming F80“ einen näheren Blick auf das werfen, was die Ingenieure als „Mulotipo“ bezeichnen. Wörtlich bedeutet dies „Maultiertyp“ – was im Deutschen dem sogenannten „Erlkönig“ entspricht, ein Prototyp, dessen Karosserie anders als beim endgültigen Modell ist.

Entwicklungsfahrzeuge nutzten bestehende Ferraris, um neue F80-Komponenten, darunter Motor und Fahrwerk, zu testen

Tatsächlich gibt es sogar Stadien vor dem Mulotipo. Die erste physische Phase ist das „Demofahrzeug“ – im Wesentlichen ein mehr schlecht als recht zusammengebautes Auto, das vielleicht nicht schön anzusehen, aber für das Testen von Innovationen wie neuen Komponenten, neuen Systemen oder sogar neuen Layouts unerlässlich ist. Danach folgt der „Muletto“, der oft wie ein bereits existierendes Ferrari-Modell aussieht – doch darunter werden der Motor und das Getriebe eines neuen Modells getestet.

Die nächste Stufe – der Mulotipo – trägt eine spezielle „Ad-hoc“-Karosserie, die nichts mit der endgültigen Version gemein hat und oft mit einer besonderen Tarnlackierung lackiert ist, welche die Konturen der äußeren Merkmale des Autos „verbirgt“.

Diese Autos werden oft auf öffentlichen Straßen getestet, normalerweise in der Umgebung von Maranello. Neugierigen Blicken wird mit „irreführenden“ Grafiken begegnet, die dazu beitragen, neue Designelemente so lange wie möglich geheim zu halten. Besucher der Ausstellung sind erstaunt, wie der F80 Mulotipo selbst aus nächster Nähe das Auge täuscht.

Ein Mulotipo wird verwendet, um mehrere Aspekte der Fahrzeugentwicklung zu testen, einschließlich Chassis, Aufhängung, Lenkung, Kühlsysteme, Bremsen und elektrische Anlage. Außerdem werden mit ihm Geräusche, Vibrationen und Geräuschentwicklung getestet.

Diese rollenden Prüfstände beschleunigen die frühe Entwicklung und lenken neugierige Blicke von der Spur ab

Die nächste Phase, die Museumsbesucher am Stand „Becoming F80“ bewundern können, ist der weiterentwickelte „Prototipo“ (Prototyp). Nun nimmt das zukünftige Auto wirklich Gestalt an, mit einem Exterieur und Interieur, die der finalen Version schon um einiges näher kommen. In dieser Phase stehen die Karosserie, die Beleuchtung und die Sitze bereits fest, aber Elemente wie die Aerodynamik und die Innenraumqualität sind noch in Entwicklung. Mit dem Prototyp soll überprüft werden, ob alles genau so funktioniert wie geplant.

Natürlich gibt es noch viele weitere Entwicklungsstufen, bevor der F80 schließlich die Kunden erreicht, für die er entwickelt wurde; die Feinabstimmung wird sogar bis in die letzten Testphasen fortgesetzt. Jede der Phasen ist in Bezug auf Inhalt, Stammbaum und Geschichte einzigartig und beschreibt einen entscheidenden Teil der Geschichte von Ferrari. Die Prototypen sind das „Archiv von morgen“ und formen das Erbe von Ferrari der Zukunft – ein wichtiges Zeugnis der „geheimen“ Seite der Marke, die normalerweise nicht zu sehen ist.

Für die Besucher des Museums wird der fertige F80 gegen Ende der einjährigen Ausstellung endlich in seiner ganzen Pracht zu sehen sein – wenn aus dem „becoming“ endlich der F80 wird.