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Monaco 1981: ein denkwürdiges Rennen

10 dicembre 2019

„Rien ne va plus, les jeux sont faits!!“ Beim Roulette von Monaco fällt die Kugel am 31. Mai 1981 auf die rote 27. Die Nummer des Ferraris von Gilles Villeneuve. Die Nummer eines Wagens mit Turbomotor. Noch nie zuvor hatte ein vergleichbares technisches Wagnis in Monte Carlo den Sieg ermöglicht. Ein technisches Wagnis ist es nicht wegen der Leistung, die der aufgeladene Motor gewährleistete, sondern wegen der Beschleunigung und des Fahrverhaltens, die nicht recht zum kurvenreichen Streckenverlauf des Stadtkurses passen. Doch der Kanadier schreibt mit seinem Ferrari 126 CK auf dieser Rennstrecke ein neues Kapitel der Formel-1-Geschichte. Es ist der erste Sieg eines Turbomotors in Monte Carlo, der erste Sieg eines Ferrari-Turbomotors, der erste Sieg nach anderthalb Jahren des Wartens, kurz: Mit diesem Sieg wird endgültig der Bann gebrochen und Gilles und Ferrari sind wieder im Spiel.

Von allen Siegen, die Gilles im Laufe seiner Karriere eingefahren hat, ist der von Monte Carlo vermutlich der am wenigsten „spektakuläre“ oder denkwürdige, doch er hat etwas Besonderes an sich. Am Vorabend des Wochenendes wurde bekanntgegeben, dass Villeneuve und Ferrari ihre Zusammenarbeit für zwei weitere Saisons fortsetzen würden. Das Qualifying läuft sehr gut für den Kanadier, der von Anfang an zielstrebig auftritt und sich das Recht auf einen Start aus der ersten Reihe sichert, neben Pole-Setter Piquet, der für Brabham ins Rennen geht und nur lediglich 78 Millisekunden Vorsprung hat.

Das Rennen beginnt eine Stunde später als vorgesehen, wegen eines Brandes in der Küche des Hotels Loews, der zwar umgehend von der Feuerwehr gelöscht werden kann, jedoch wird bei der Löschaktion der Tunnel unter Wasser gesetzt. Auf der tückischen, 3,312 Kilometer langen Strecke setzt sich Nelson Piquet sogleich von seinen Verfolgern ab. Im Laufe der 76 geplanten Runden des Ausscheidungsrennens fallen zahlreiche Piloten aus, einschließlich des Brasilianers, der beim Versuch, Cheever und Tambay zu überholen, von der Strecke abkommt. An die Spitze setzt sich der amtierende Weltmeister Alan Jones, der auf einen sicheren Sieg zuzusteuern scheint – angesichts der Tatsache, dass er mit über dreißig Sekunden Vorsprung vor dem ersten Verfolger führt, vor Villeneuve. Aber der Williams-Rennfahrer muss sieben Runden vor Schluss wegen Problemen mit der Benzinzufuhr auftanken, und auch wenn er noch immer vorn liegt, muss er sich nun gegen den angreifenden Villeneuve verteidigen, der Blut geleckt hat und eine schnelle Runde nach der anderen abliefert.

Mit jeder Kurve nähern sich die Kontrollinstrumente seines Ferraris immer weiter dem Limit, die Leitplanken kommen immer näher. Doch der Pilot, dem die vielen spektakulären Unfälle, an denen er beteiligt war, einst den Spitznamen „Flieger“ eintrugen, macht keinen Fehler. Er spielt mit den Anstiegen und Abfahrten des Stadtkurses, nutzt die Stärke seines Motors im Tunnel und bis zur Kurve des Tabakladens, während er seinen Ferrari tanzen lässt und sich einen Spaß daraus macht, tollkühne Bahnen zwischen der Mirabeau und der Haarnadel von Loews zu fahren.

Vier Runden vor Schluss nimmt der Ferrari die Hinterachse des Williams von Jones ins Visier. Er geht sofort zum Überholmanöver über. Gilles heftet sich schon bei der Ausfahrt aus der Antony Noghès, der letzten Kurve, die auf die Zielgerade führt, an die Fersen des Australiers. In diesem Moment sieht Jones im rechten Rückspiegel den Umriss von Gilles' Auto auftauchen. Als er ein Verteidigungsmanöver einleitet, ist es schon zu spät: Die Nummer 27, auf dem hinteren Bereich der Flanke des Ferraris bestens in Szene gesetzt, ist das Letzte, was der amtierende Weltmeister sieht, bevor sich der Kanadier endgültig absetzt.

23 Runden vor Schluss sind von den 20 gestarteten Teilnehmern nur noch sieben im Rennen. An der Spitze: Gilles. Der Ferrari-Rennfahrer drückt weiter aufs Gas und kommt, begünstigt durch ein Problem an der Benzinpumpe seines Rivalen, mit über 40 Sekunden Vorsprung ins Ziel. Als er auf die Siegertreppe steigt, ist er sichtlich erschöpft, aber die Bilder, die ihn glückstrahlend im Champagner-Regen zeigen, gehen um die Welt. Jetzt gehört Villeneuve zu den Gewinnern, er schafft es sogar aufs Titelblatt des amerikanischen Nachrichtenmagazins Time, das nach Jim Clark 1965 sein Titelblatt nun zum zweiten Mal einem Formel-1-Piloten widmet.