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Als Juan Manuel Fangio auf den Ferrari 860 Monza traf

Juan Manuel Fangio gewann 1956 in Monza nicht nur seinen vierten Formel-1-Weltmeistertitel, sondern fuhr im selben Jahr auch den letzten der großen Vierzylinder-Ferraris, um seinen Beitrag zum Gewinn der Sportwagen-Weltmeisterschaft zu leisten
Text – Ross Brown
Video – Oliver McIntyre

Auch wenn es damals noch keiner wissen konnte - 1956 sollte das Karriereende von zwei Ferrari-Größen einläuten: Juan Manuel Fangio und dem Vierzylinder-Reihenmotor.

Fangio, der Rennfahrer mit dem Spitznamen „El Maestro“, war 1956 zur Scuderia Ferrari gestoßen, um seinen vierten Weltmeistertitel in der Formel 1 zu holen. Dieses Ziel konnte er beim letzten Rennen der Saison erreichen, als er in einem von Teamkollege Peter Collins geliehenen D50 die Ziellinie in Monza überquerte und knapp hinter Stirling Moss, aber mit genügend Punkten für die Weltmeisterschaft ins Ziel kam. 


Trotz des Sieges war es für den schon etwas in die Jahre gekommenen Argentinier eine schwierige Meisterschaft gewesen und er verließ Ferrari, um eine letzte Saison für Maserati zu fahren, bevor er sich endgültig zurückzog. Doch in jenem Jahr war Fango abseits der Formel-1-Strecken auch in der Sportwagen-Weltmeisterschaft 1956 erfolgreich, diesmal in einem großen Ferrari, der den Namen 860 Monza trug. 


1956 war Juan Manuel Fangio ein vielbeschäftigter Mann: Er pilotierte den schnellen Fünfgang-V8-Ferrari D50 (im Bild) und gewann seinen vierten Formel-1-Meistertitel. Außerdem führte er Ferrari zum Sieg in der Sportwagen-Weltmeisterschaft, diesmal in der Reihe 860 Monza

Die Sportwagen-Weltmeisterschaft war nichts für schwache Nerven. Zu den Etappen gehörten tausend Kilometer auf dem berühmten Nürburgring, dieselbe Distanz in der Nähe von Buenos Aires und zwölf Stunden auf dem Sebring International Raceway in Florida. Die Autos mussten schnell und leistungsstark, aber auch für Langstrecken geeignet sein, und genau das war die Stärke des 860 Monza. 


Anders als der nahezu identische V12-Ferrari 290 MM, der im selben Jahr auf den Markt kam, besaß der Wagen einen Vierzylinder-Reihenmotor, die letzte Version eines kleineren Vierzylinder-Reihenmotors, der 1951 von Aurelio Lampredi als 2-Liter-Formel-2-Motor entwickelt worden war.  


Als Juan Manuel Fangio auf den Ferrari 860 Monza traf: der Abgesang zweier Ferrari-Größen

Innerhalb von drei Jahren hatte Lampredis Vierzylinder-Reihenmotor so große Fortschritte gemacht, dass er es in einen Ferrari 553 für die Formel 1 geschafft hatte (obwohl der Motor zu diesem Zeitpunkt bereits auf 2,5 Liter Hubraum vergrößert worden war). 1954 debütierte der Vorgänger des 860 Monza, der 3-Liter-750er, in Monza und belegte den ersten und zweiten Platz (was ihm den Beinamen Monza einbrachte).    


Beim 860 Monza war der Vierzylinder-Reihenmotor des Wagens mit Rohrrahmenkonstruktion ein 3,4-Liter-Ungetüm, das auf den langen Geraden der Langstreckenrennen 260 km/h erreichen konnte.  Als man Fangio sagte, er könne sich für die Sportwagen-Weltmeisterschaft das Auto aussuchen, das ihm am besten gefiel, musste er nicht lange überlegen.  


Das Debüt des 860 Monza gab es auf dem Sebring Raceway beim Florida International Grand Prix of Endurance. Gemeinsam mit Rennpartner Eugenio Castellotti legte Juan Fangio 1.008 Meilen und 194 Runden zurück, um das Rennen zu gewinnen

Es ist heute schwer nachzuvollziehen, wie viele Rennen ein professioneller Fahrer in jenen frühen Jahren des Motorsports bestritt. Fangio, nach wie vor Formel-1-Fahrer für Ferrari, hatte am 22. Januar bereits das erste Rennen der Saison in Buenos Aires hinter sich gebracht. Er startete von der Pole Position aus, drehte die schnellste Runde und überquerte als Erster die Ziellinie.


Nur zwei Monate später, am 24. März, kletterte er für sein Debüt beim Florida International Grand Prix of Endurance, einer komplett anders gearteten Meisterschaft, in den 860 Monza.  Das Auto enttäuschte ihn nicht. Zwölf Stunden später, nach 194 Runden über insgesamt 1622 Kilometer und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 135 km/h, sahen er und sein italienischer Rennpartner Eugenio Castellotti die Zielflagge. Der andere 860 Monza, gesteuert vom Italiener Luigi Musso und vom Amerikaner Harry Schell, wurde Zweiter.

Der 860 Monza wurde für Ausdauer gebaut: Er war ein 3,4-Liter-Gigant, gleichermaßen zu Hause bei Langstreckenrennen unter der unversöhnlichen Sonne Floridas oder, wie hier abgebildet, im oft turbulenten Wetter der berühmten italienischen Mille Miglia

Leider stand dem der 860 Monza mit seinem Vierzylinder-Reihenmotor trotz seines Sieges auf der ganzen Linie das Ende bereits bevor. Bei der Mille Miglia, das berühmte italienische Langstreckenrennen auf öffentlichen Straßen, setzte Ferrari den identisch aussehenden 120 MM (MM stand dabei für Mille Miglia) ein. Diesmal war der Motor unter der Scaglietti-Karosserie aber ein 3,5-Liter-V12, der das Auto auf bis zu 280 km/h beschleunigen konnte. Der Sieg des 120 MM besiegelte schließlich das Schicksal des 860 Monza und damit auch des Vierzylinder-Reihenmotors, eines der beständigsten Ferrari-Motoren aller Zeiten. 


Doch Fangio und das großartige Auto waren noch nicht am Ende angelangt. Obwohl Sebring ihr einziger gemeinsamer Sieg bleiben sollte, sorgten unter anderem der zweite Platz auf dem Nürburgring (vor den 120 MMs) und bei der Mille Miglia (die beiden 860er wurden Zweiter und Dritter) dafür, dass Ferrari drei von fünf Rennen gewann und die Sportwagenweltmeisterschaft 1956 für sich entschied. Am zweiten September desselben Jahres gewann Fangio dann in Monza seinen vierten Formel-1-Titel. Ein würdiges Saisonfinale für einen der größten Rennfahrer der Welt und eine angemessene Hommage an den letzten großen Sportwagen mit Vierzylinder-Reihenmotor, den 860 Monza.


 


08 settembre, 2021