Die Entstehung des V8-Motors von Ferrari
Alessio Viola
Der preisgekrönte Twin-Turbo ist ein lebendiges, atmendes Meisterwerk
Die Straßenautos von Ferrari sind absolut beeindruckende Konstruktionen, aber es steht außer Frage, dass der Motor ihr Herz und ihre Seele liefert. Der aktuelle V8 - der die Rückkehr von Ferrari zur Turboaufladung nach einer 30-jährigen Unterbrechung bedeutete - ist eines von Ferraris Meisterwerke der Ingenieurskunst. Bei den prestigeträchtigen Engine of the Year Awards im Jahr 2017 belegte er den ersten Platz in der Gesamtwertung und gewann auch die Kategorie Performance Engine.
Drei Schlüsselbereiche sind dafür verantwortlich, den Motor zum Leben zu erwecken: Gießerei, Mechanische Bearbeitung und Motorenmontage.
Der Prozess beginnt mit Aluminiumbarren, die in einem Ofen geschmolzen werden. Der daraus resultierende Rohstoff wird für den Zylinderblock, das Kurbelgehäuse, die Zylinderköpfe und die Ventilgehäuse verwendet. Obwohl über allem der Geruch von erhitztem Metall liegt, ist die Gießerei kein moderner Tempel des Hephaistos. Sie ist ein heller Ort, an dem automatische Werkzeuge und Maschinen eine wichtige Rolle spielen. Selbst das Gießen der Aluminiumlegierung, die bei etwa 750 °C schmilzt, erfolgt durch Roboter. Sand- und Harz-"Kerne" in der Druckgussmaschine verhindern, dass das Aluminium die Druckgießmaschine überflutet. Nach ihrer Entfernung lassen sie Platz für Kühlmittelkanäle und komplexe Formen. Es ist schwer zu glauben, dass diese Objekte entscheidend sind, um 670 PS zu produzieren.
Doch das ist erst der Anfang: Nach den Glüh- und Abkühlungsprozessen gelangen diese Komponenten in den Bereich Mechanische Bearbeitung. Hier verwandeln sich die Aluminiumgussteile beim Zusammenfügen von Zylinderblock und Kurbelgehäuse in einen Motor.
Dabei nehmen die Kurbelwellen Gestalt an: Sie sind der wichtigste Teil eines jeden Motors. Der Weg vom ersten, halbfertigen bis zum fertigen Produkt ist ein komplizierter Prozess. Zuerst die Schruppbearbeitung, dann die Wärmebehandlung, das Bohren und Schleifen. Dann folgt der mehrtägige Nitrierprozess, gefolgt von einem zweiten Schleifprozess und einer abschließenden Läppstufe. Insgesamt dauert die Fertigung jeder Kurbelwelle rund 25 Arbeitstage. Das ist Kunst und Industrie in perfekter Harmonie. Hier arbeiten Menschen Seite an Seite mit Robotern mit so romantischen Namen wie Romeo und Julia, die die Ventilsitze auf die Zylinderköpfe aufbringen und die Ventilführungen montieren.
Aber für einige Dinge - wie das abschließende Entgraten, das Glätten von Ecken und Kanten und die Endbearbeitung - ist der Faktor Mensch unersetzlich. Die Mitarbeiter, die diese Aufgaben wahrnehmen, sind Absolventen der Scuola dei Mestieri von Ferrari, einer internen Schulung mit Diplomabschluss.
Ihr Können zeigt sich darin, wie sie ein Problem mit der Dichtungsplatte, einem wichtigen Bestandteil von Turbomotoren, gelöst haben. Während der Entwicklung des V8 erachteten die beratenden Turbolader-Spezialisten eine Leistungsreduktion des Motors als einzige Möglichkeit zur Überwindung bestimmter Probleme. Doch nachdem die Experten von Ferrari sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr gearbeitet hatten, gelang es ihnen, die nötige Zuverlässigkeit zu erreichen, ohne auf eine einzige Pferdestärke verzichten zu müssen.
Im Bereich der Motormontage stehen alle Komponenten - von den Zylinderblöcken über die Zylinderköpfe, die Kurbelwelle bis hin zu den Ventilen - auf den Bänken bereit, und der V8 bewegt sich automatisch von einer Position zur nächsten, während die Mitarbeiter verschiedene Aufgaben erledigen. Von hier aus kommt der Motor zum Shuttle, einem großen Wagen, der über eine Schiene zwischen verschiedenen Montagestationen fährt. Tausende von Details werden hinzugefügt, darunter die Steuerketten und das Gehäuse, das die Ventilsteuerung und das elektrische System schützt. Dann ist es Zeit für die Fertigstellungsstation, wo die Twin-Turbinen montiert werden, bevor der Motor zum Prüfstand geschickt wird.
Nachdem der erste Prüfzyklus abgeschlossen ist, wird das Getriebe hinzugefügt und die Endkontrolle durchgeführt. Der Motor ist bereit für den Karosseriebereich, wo die "Seele" des Ferrari auf den dazugehörigen Körper trifft. An diesem Punkt beginnt eine ganz neue Geschichte.